Landratsamt Ludwigsburg

Die Erweiterung des Landratsamtes Ludwigsburg gewann im europaweiten Wettbewerb den 1. Preis und wurde nach der Realisierung mit der Auszeichnung Beispielhaftes Bauen prämiert. In zwei Bauabschnitten wurden über 400 Büros, 120 Tiefgaragenstellplätze, das Hauptarchiv des Landkreises und eine Großküche gebaut.

Die beiden Erweiterungsbauten sind als moderne Bürogebäude in das prägnante, denkmalgeschützte Quartier der Ludwigsburger Oststadt eingefügt. Die neuen Gebäude orientieren sich am orthogonalen Grundriss der barocken Idealstadt und greifen weitere Aspekte ihrer Umgebung auf.

Die hohe Mauer, die nahezu das gesamte Grundstück umfasst, wird als ortstypisches Element erhalten und vervollständigt. Sie bildet einen geschlossenen Garten, in dem die beiden komprimierten Gebäudevolumen als Solitäre platziert sind und sich als Antipoden gegenüber stehen. Die Umgrenzung schafft eine klare Definition des Straßenraums und bewahrt die Dominanz von Haupteingang und Volumen des alten Kreishauses gegenüber der Erweiterung.
Die Fassade bezieht ihr Thema aus den umliegenden Kasernenbauten und der inneren Organisation des Neubaus. In Anlehnung an die Kasernengebäude wird sie aus Horizontalen und Vertikalen gewebt. Die klassische Gliederung in Sockel, Haupt- und Dachzone wird in geschossweise wechselnde Farben übersetzt. Abweichend von den historischen Fassaden werden jedoch keine Hierarchien aufgebaut, sondern die Gleichartigkeit der Büroräume im Inneren bestimmt auch das serielle Bild nach außen. Die vermeintlich verschlossene Hülle aus Metallgewebe reflektiert die rötlich braunen Backsteinbauten in Farbigkeit, Rauheit und changierender Oberfläche. Ein je nach Lichteinfall und Blickwinkel verschieden schillernder Monolith beantwortet die Massivität des Ziegels mit einem modernen Material. Das feinmaschige, eloxierte Aluminiumgewebe wirkt tagsüber nach außen nahezu blickdicht, ist von innen aber gegen das Tageslicht sehr transparent.

Im 2. BA ist der Innenhof nach oben offen und üppig begrünt. Im 1. BA. bildet ein großzügiges und lichtes Atrium das Zentrum des Gebäudes und wird von einem pneumatischen Dach überdeckt. Hier öffnet sich die Fassade dem Betrachter. Der kanadische Ahorn reflektiert warmes Licht, dessen Freundlichkeit durch den Kontrast zur äußeren Strenge betont wird. Der Treffpunkt für Mitarbeiter und Besucher wandelt sich nach Dienstschluss zu einem eleganten Veranstaltungssaal. Die riesigen im Raum schwebenden Leuchten werfen an Sonnentagen ihr Schattenspiel in den gepflasterten Hof und erzeugen so das Gefühl eines städtischen Platzes. Abends schaffen die dimmbar leuchtenden Scheiben festliche Brillanz oder dämmerndes Licht. Überdeckt wird das Atrium mit luftgefüllten, bedruckten Folienkissen, die von einem äußerst filigranen Raumtragwerk gehalten werden. Sechs Bogenbinder überspannen mit weniger als 20 cm Querschnitt die Breite der Halle. Schlanke Druckstäbe verhindern ihr Kippen und federn die Lasten auf ein Seilnetz ab. Die bis zu 75 cm dicken Luftkissen bestehen aus ETFE-Folien in drei Lagen, deren Gesamtstärke nur einen halben Millimeter beträgt. Die mittlere Folie teilt jedes Kissen in zwei übereinanderliegende Luftkammern, deren Füllung mit einem Kompressor gesteuert wird. Ist die obere Luftkammer gefüllt, liegt die Mittelfolie unten im Kissen, bei gefüllter unterer Kammer befindet sie sich oben. Versetzte Druckraster auf den Folienlagen regulieren durch die Position der mittleren Folie die Sonneneinstrahlung ins Atrium.
Innerhalb gut einer Woche konnte das Gebäude mit der vorgefertigten Konstruktion winterdicht geschlossen werden. Die Kosten des Daches werden weitgehend kompensiert durch die für das Atrium entfallenden Sonnenschutzanlagen. Das innovative System spart Energie, Rohstoffe und Kosten und erreicht so die hohen Anforderungen mit der gleichen Leichtigkeit, die die Gestaltung des Daches ausstrahlt.

Auftraggeber: Landkreis Ludwigsburg

Team
2. BA: Tobias Buschbeck, Roberto Candido, Roland Göppel, Thomas Kubeneck, Christine Simet
bbz Landschaftsarchitekten berlin

1. BA: Christiane Abel, Sandra Appel, Roland Göppel, Ursula Halling, Tobias Hein, Thomas Kubeneck, Tom Kühne, Kirill Kusnetzow, Georg Lorenz, Birte Müller, Tim Schulz, Birgit Wolf
Fotos: Jörg Hempel